Projekte der Innovationsförderung: CogDes: Cognition Design – Nutzerbefragungen mit AR- und VR-Simulationen zur Akzeptanzverbesserung
Frankfurt am Main, 20.11.2020 – Das Land Hessen und die HOLM GmbH unterstützen seit 2014 im Rahmen der hessischen Innovationsförderung innovative Projekte und Vorhaben im Bereich Logistik und Mobilität. Inzwischen sind zahlreiche Ideen aus Mitteln des Landes und unter der Projektträgerschaft der HOLM GmbH und der HA Hessen Agentur GmbH gefördert und viele Projekte abgeschlossen worden. Die Projekte werden hier in loser Folge vorgestellt.
Heute: „CogDes: Cognition Design – Nutzerbefragungen mit AR- und VR-Simulationen zur Akzeptanzverbesserung“, ein Projekt der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main (hfg). Prof. Peter Eckart hat unsere Fragen über das Projekt beantwortet.
Wie ist die Idee für das Projekt entstanden?
Prof. Peter Eckart: Die Idee für das Projekt ergab sich aus einem Semesterprojekt, in dem wir uns an der Hochschule für Gestaltung mit dem Ein- und Aussteigen in S-Bahnen und der Orientierung im Raum beschäftigt haben. Wir haben Prof. Dr. Vo für einen Vortrag eingeladen, die sich mit Raumwahrnehmung im kognitiven Sinne beschäftigt – und dabei vielfältige Berührungspunkte entdeckt: wieviel Design mit Kognitionsforschung und umgekehrt zu tun hat, wie viele ähnliche Fragestellungen in der Wahrnehmung und Benutzung eines Objektes oder in der Orientierung im Raum. Gleichzeitig hatte sich Prof. Dr. Vo in ihrem Scene Grammar Lab auch mit der Befragung von Testpersonen mittels virtueller Realität und Eyetracking beschäftigt, wie wir an der hfg vorher auch schon. Zusätzlich haben der Offenbacher Ansatz der Theorie der Produktsprache und die Scene Grammar der Kognitionspsychologie eine Schnittmenge auf der theoretischen Ebene, aus der heraus sich neue Möglichkeiten für die Erforschung und Gestaltung von Mobilitätsprozessen ergeben.
Diese vielen Anknüpfungspunkte und ein unmittelbar präsentes gegenseitiges Verständnis führten dann geradezu zwangsläufig zu einem gemeinsamen, in der Form sicher einzigartigen Innovationsantrag. In der Kombination von gestalterischen und kognitionspsychologischen Theorien und Methoden lassen sich die emotionalen Faktoren bei der Wahrnehmung von Mobilitätsangeboten untersuchen. Ziel ist es, für multimodales und umweltfreundliches Mobilitätsverhalten zu motivieren und gleichzeitig Erkenntnisse zu gewinnen, wie Menschen in der Lage sind, die Welt um sich herum zu verstehen und die Bedeutung der Gegenstände wahrzunehmen und zu verstehen, während sie durch verschiedene Mobilitätsräume schreiten. Dabei geht es darum, die Sprache und Struktur der Welt der Mobilität aus diesen beiden Blickwinkeln zu betrachten.
Welche Bedeutung hat/hatte die HOLM-Innovationsförderung für das Projekt?
Prof. Peter Eckart: Die HOLM-Innovationsförderung bietet eine besondere Möglichkeit zur Finanzierung für diese interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie hat die notwendigen Ressourcen für die Durchführung eines Forschungsprojekts bereitgestellt, in dem Forschende aus Psychologie und Design eine innovative Testumgebung für Forschungen zu Mobilität schaffen. Darüber hinaus ermöglicht sie die Vernetzung mit anderen Projekten und Unternehmen im HOLM.
Welchen Nutzen für Wirtschaft und/oder Wissenschaft/Politik/Gesellschaft sehen Sie für Ihr Projekt?
Prof. Peter Eckart: Die Veränderung oder Neuplanung von Infrastruktur, wie etwa neue Mobilitätsstationen, ist oft schwer zu vermitteln, da dieser Prozess für die zukünftigen Nutzenden anhand von Plänen oder Renderings kaum greifbar, weil nicht erlebbar ist. Der Einsatz von Virtual-Reality-Simulationen und die Qualifizierung durch die Methoden der Kognitiven Psychologie können eine Optimierung im Architektur- und Designprozess sowie eine bessere Einbindung der Öffentlichkeit, gute Kommunikation und das Vertrauen der Nutzenden bereits in einer frühen Phase erzeugen. Sie ermöglicht es somit, Entwürfe zu testen, zu qualifizieren und auch einem breiten Spektrum von Nichtfachleuten verständlich zu machen. Dass solche Tests auch im Interesse der am Planungsprozess beteiligten Unternehmen sind, liegt auf der Hand: Der Einsatz der kognitiven Psychologie im Designprozess ermöglicht es, die Prozesse vor der Bauphase frühzeitig in der virtuellen Realität zu testen.
Dadurch können am Ende vor allem Planungsprozesse beschleunigt werden: Wir ermitteln in unserem Projekt, wie infrastrukturelle Bauvorhaben, wie U- oder S-Bahnstationen, Mobilitätshubs, oder Mobilitätsinfrastruktur, wie Fahrradstraßen, Brücken usw., wie Orientierung dargestellt und Befragungen und Partizipationen von Nutzenden durchgeführt werden können, die valide sind und Grundlage für den Planungsprozess werden.
Was hat Sie am Projekt am meisten überrascht?
Prof. Peter Eckart: Die größte Überraschung lag zum einen darin zu realisieren, dass das Potenzial einer Kooperation der beiden Forschungsbereiche so zuvor noch nicht entdeckt wurde. Da die Ähnlichkeiten der Modelle und Sprachen dazu geführt haben, dass die Beteiligten sich gegenseitig sehr schnell auf ein fachlich ähnliches Level bringen konnten, war es in kürzester Zeit möglich ein stabiles Fundament für die kommende Forschung zu schaffen.
Zum anderen ist auch die – an sich ja nicht unerwartete – neue Denkweise, die mit dem Gestalten im virtuellen Raum einhergeht, überraschend in ihren Auswirkungen auf die bisherige Entwicklung des Projekts.
Wo sehen Sie einen weiteren Forschungs-/Anwendungsbedarf und/oder Einsatzbereich?
Prof. Peter Eckart: Das aktuelle Projekt konzentriert sich auf die S-Bahnstation „Offenbach Marktplatz“ und die Frage, wie für Entwürfe von Mobilitätsknotenpunkte Tests mit Nutzenden in VR-Simulationen erstellt werden können? Eine offensichtliche Anwendung des Projekts wäre die Wiederholung dieses Prozesses mit einem anderen Entwurfsszenario – wie z. B. einem Flughafen und durch die Verwendung von mehr als einem Typ von Gebäudeszenario, um ein besseres Verständnis der allgemeinen Prinzipien zu gewährleisten. Darüber hinaus ist eine tiefergehende Erforschung der Wechselwirkung von dynamischer Aufmerksamkeit und Design ein Instrument, um beide Disziplinen in ihrer zukünftigen Ausrichtung zu schärfen.
Mit welchen Partnern möchten/wollen Sie das Projekt ggf. fortführen/weiterentwickeln?
Prof. Peter Eckart: Wie erwähnt, lässt die Zusammenarbeit mit dem Scene Grammar Lab großes Potenzial für weitere gemeinsame Forschungen erkennen. Wünschenswert wäre außerdem die Einbindung diverser Partner aus Industrie und Forschung. Bspw. könnte es eine Zusammenarbeit mit Unternehmen aus den Bereichen Software- und Game-Entwicklung, Mobilitätsdienstleister, Architektur oder Stadtentwicklung geben. Außerdem könnte die Kooperation der Forschungsbereiche Design und Kognitive Psychologie durch Partner aus Verkehrsplanung, Architektur oder der sozialwissenschaftlichen Mobilitätsforschung ergänzt werden.
Bild: hfg
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